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Refuge Bertone

Es gibt hier nur Getränke und nichts zu Essen. Von Overstimm lasse ich tunlichst die Pfoten. Ein wenig Wasser auffüllen, mehr braucht es nicht. Auf einem Schild steht 7km und eine verschwindend geringe Anzahl von Höhenmetern bis zum nächsten VP ist angeschrieben. Nach kurzer Pause laufen wir weiter. Es ist fast eben und der Pfad zieht sich am Berghang entlang in das Tal hinein. Wir müssen viel überholen. Ich bin nicht gut im Überholen. Einmal schaue ich zurück und kann den Col de la Seigne in weiter Entfernung sehen. Da sind wir heute Nacht hinübergekommen. Man bekommt einen anschaulichen Begriff vom Mont Blanc Gebirgsstock wenn man um ihn herumläuft. Der Weg zieht und zieht sich. Mehrfach denken wir das wir eigentlich gleich da sein müssten oder das Dach da vorne nur die Hütte des nächsten VPs sein kann aber jedes mal täuschen wir uns. G. s Distanzmesser zeigt auch schon deutlich mehr an als laut Marschtabelle gelaufen werden müsste. Dann nach einem kurzen Aufstieg endlich das Refuge Bonatti. Ich fülle meine Blase am Brunnen auf und entspanne ein wenig. G. lässt sich solange verarzten. Er hatte heute Nacht Magenprobleme mit Diarrhö und das hat ihm die ganzen Vaseline im Hintern weg gewaschen und deshalb hat er da jetzt einen Wolf. Die Ärztin gibt ihm was dagegen. Ultras sind nichts für empfindliche Naturen. Außerdem erfährt er das wir um den Platz 900 herum liegen und schon eine ganze Menge Leute aufgegeben hat. Bei den guten Bedingungen? Komisch. Ich unterhalte mich mit jemandem neben mir an dessen Namen ich mich nicht erinnern kann. Ich glaube wir sind auch vorher ein Stück mit dem gelaufen? Die Erinnung ist schwammig. Auf jeden Fall auch ein Deutscher. Wir laufen weiter, an der Ruine vorbei die man aus den Hubschrauberaufnahmen kennt nach Arnuva. Das liegt im Tal, trotzdem geht es vorerst wieder am Hang entlang und dann erst in Serpentinen steil bergab. Ich weiß zwar das wir laut Höhenprofil bergab müssen aber nicht wie weit. Erst als die Zelte im Tal sichtbar werden wird mir klar wie weit es tatsächlich ist. Merde. Es läuft akzeptabel. Wir kommen an einem gestürzten Mann vorbei "putain" zischt er. Ich laufe hinter einer Italienerin die es dann weiter hinten auch hinterlegt. Während ich einen Franzosen überhole kommt dieser zu Fall da er bremsen muss um nicht mir zu kollidieren. Ich entschuldige mich Wortreich. Er meint es wäre nix passiert und alles in Ordnung. Leider habe ich mir die Startnummer nicht gemerkt. Für die nächsten Stunden habe ich ein schlechtes Gewissen. Der VP Arnuva ist prima ausgestattet und liegt auf einer schönen Wiese aber im Zelt ist es unangenehm heiß. Ich setzte mich vor das Zelt auf einen Stein neben die Notärzte und esse dort ein paar Kekse. Als G. wieder aus dem Zelt kommt gehen wir weiter. Zwei Fotostellen folgen die mich leider nur beim essen im gehen Fotografieren können und dann wird es sehr Steil. Es folgt der Aufstieg zum Grand Col Ferret, dem höchsten Punkt der Strecke, unter strahlender Sonne. Bald laufen wir auf J. auf. J. ist als einziger von uns den UTMB schon mal gelaufen und macht einen souveränen Eindruck. Da es steil bergauf geht reden wir nicht viel. Aber wir beglückwünschen uns allesamt letztes Jahr durch die Lotterie gefallen zu sein. Da fand das rennen ja nur auf 100km und durch ein Tal bei Regen statt und weil wir nicht gelost wurden hatten wir für dieses Jahr eine Teilnahmegarantie. Hier gibt es übrigens mal auch weiter unten keinen Bewuchs. Nur Gras weit und breit. Es läuft mittelprächtig den Berg hinan. G. hat nichts zu trinken mitgenommen und das rächt sich jetzt. Er sagt er hätte Sirup dabei wolle den aber nicht trinken deswegen halte ich die Lage für absolut nicht kritisch und marschiere in meinem Tempo weiter Richtung Gipfel. Da oben zieht es dann übel. Nix wie wieder runter. Ausnahmsweise laufe ich vom Sturm getrieben recht behände den Berg runter. Zumindest für etwa einen Kilometer. Hier ist es nun einigermaßen Windstill und durch die Sonne auch annehmbar warm. Das wäre jetzt ein guter Zeitpunkt um vor der bevorstehenden zweiten Nacht ein wenig zu schlafen denke ich. Ich vespere ein wenig am Wegesrand, G. kommt vorbei, er hat wohl am CP auf dem Pass etwas zu trinken bekommen, und geht weiter. Ich schlafe 20 Minuten. Alles in Allem habe ich etwa 30 Minuten pausiert. Nach der Pause geht es meinen Oberschenkeln wieder blendend und die Moral ist sowas von gut, ich laufe Leute überholend in für mich ungewohntem Tempo bergab. Vielleicht lag das mit den Oberschenkeln auch nicht an der Pause sondern an der warmen sonne die diese 30 Minuten lang angeschienen hat. In La Peule gibt es Wasser aber ich habe noch genug und lasse diese Verpflegungsstelle aus. Der Weg nach La Fouly zieht sich dann ziemlich. Es geht immer am Hang entlang ohne große Ereignisse bis in die Schweiz, da sitzen ein paar Leute auf Bänken vor einer beflaggten Hütte und applaudieren. Ab hier ein wenig Asphalt ich laufe wieder recht fix und überhole eine Menge Leute auf dem Weg ins Dorf. Viele Zuschauer. Tolle Stimmung allenthalben.


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